Eine Reform des Wahlrechts ist ein heikles Unterfangen. Es handelt sich sozusagen um eine Operation am offenen Herzen. Die demokratische Praxis der Bundespolitik wird wesentlich durch das Wahlrecht bestimmt. Ein Kommentar von Erik von Malottki, MdB

Es ist aus meiner Sicht richtig, dass wir einem immer größeren Bundestag einen Riegel vorschieben. Wir müssen aber gewährleisten, dass wir regionale Repräsentanz sichern und der Delegitimation des Bundestages keinen Vorschub leisten.

Denn zur Wahrheit gehört auch: Der Etat für den Bundestag hat lediglich einen Anteil von 0,24% am Bundeshaushalt. Dazu zählen aber auch die Verwaltung des Bundestages und viele weitere Aufgaben, die höchstens mittelbar durch die tatsächliche Anzahl der Abgeordneten beeinflusst werden. Es geht bei der Wahlrechtsreform also nicht um eine Sanierung des Bundeshaushaltes.

Ich bin davon überzeugt, dass die Reform erhebliche Risiken mit sich bringt, gerade für die Demokratie in Ostdeutschland. Dies hängt mit der Regelung zusammen, dass Wahlkreise „verwaisen“ können. Hierfür werden die Wahlkreissieger einer Partei anhand ihres Erststimmenergebnisses gelistet. In unserem Bundesland haben wir in 2021 alle sechs Direktmandate gewonnen, laut Zweitstimme hätte die SPD M-V aber nur einen Anspruch auf vier Mandate. In der Konsequenz wären die beiden östlichen Wahlkreise von M-V verwaist. Ganz Vorpommern und Neubrandenburg hätten damit keine direktgewählte Repräsentation mehr im Bundestag.

Es wären noch Abgeordnete aus den Wahlkreisen im Bundestag vertreten, die über die Parteiliste eingezogen sind (z. B. Philipp Amthor), aber selbst dies wäre nach dem neuen Wahlrecht nicht gesichert. Es ist offensichtlich, dass durch die Reform das Einziehen von SPD-Abgeordneten aus dem Osten von Mecklenburg-Vorpommern in den Bundestag extrem unwahrscheinlich wird, auch wenn sie ihren Wahlkreis gewinnen. Dies trifft für unsere Partei in weiteren Wahlkreisen, gerade in Ostdeutschland zu – und betrifft natürlich auch weitere Parteien und Regionen.

Ich frage mich, wie wir es als Partei schaffen, in solchen Wahlkreisen noch Kandidierende zu finden. Es sind diese Menschen, die monatelang Wahlkampf machen, auf Podien gehen und als Gesicht der Partei ansprechbar sind. Ich glaube nicht, dass alle Konsequenzen der Wahlrechtsreform, gerade hier in Ostdeutschland, bereits abgewogen sind. Wir brauchen eine Wahlrechtsreform, in der alle Regionen weiterhin im Bundestag direkt repräsentiert sind.

Demokratie braucht Demokrat*innen. Demokratie braucht Dich. Für Dich sind wir viele. Mit Dir sind wir mehr.